Was ist die A1-Bescheinigung – und entfällt sie demnächst?

Deine Kollegin aus dem Vertrieb muss übermorgen zu einem wichtigen Kundentermin nach Wien. Die Präsentation steht, das Hotel ist gebucht – aber halt: Hat sie eigentlich die A1-Bescheinigung? Und wer kümmert sich darum? Die Personalabteilung? Die Reisestelle? Oder sie selbst?

Genau solche Situationen sorgen in deutschen Unternehmen täglich für Stress. Die A1-Bescheinigung ist längst zur Achillesferse im Geschäftsreisemanagement geworden – und gleichzeitig ein Thema, das viele erst auf dem Radar haben, wenn es zu spät ist. Doch es gibt Hoffnung: Die EU diskutiert aktuell über eine mögliche Abschaffung oder zumindest deutliche Vereinfachung der A1-Pflicht. Was dahintersteckt, warum das Thema so brisant ist und wie du dich jetzt am besten aufstellst – das erfährst du hier.

 
A1 Bescheinigung auf der Website der Deutschen Rentenversicherung

Gut gemeint, aber aufwändig umgesetzt: Die A1-Bescheinigung soll Arbeitnehmer in der EU vor Ausbeutung schützen – ein wichtiges Anliegen. Dass dafür auch jede Zwei-Tages-Reise zum Verwaltungsakt wird, gilt vielen als übertrieben.

 

Was genau ist die A1-Bescheinigung?

Die A1-Bescheinigung ist ein offizieller Nachweis, der bestätigt, dass du während einer Geschäftsreise ins EU-Ausland weiterhin in Deutschland sozialversichert bist. Sie gilt für alle 27 EU-Mitgliedstaaten plus Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein.

Hintergrund: Ohne dieses Dokument könnten ausländische Behörden davon ausgehen, dass du im Gastland sozialversicherungspflichtig bist – mit der Folge von Doppelversicherungen, Nachforderungen oder rechtlichen Problemen. Die A1-Bescheinigung stellt sicher, dass nur in einem Land Sozialabgaben gezahlt werden.

Seit wann gilt die Pflicht? Die Regelung existiert bereits seit 2010 auf Basis der EU-Verordnung 883/2004. Neu ist aber die strikte Kontrolle und Durchsetzung seit 2019 – und genau das macht sie für Unternehmen zur echten Herausforderung.

 

Wer braucht die A1-Bescheinigung?

Kurz gesagt: Jede Person, die geschäftlich im EU-Raum unterwegs ist. Das umfasst:

  • Arbeitnehmer:innen auf Dienstreisen, Messen, Schulungen oder Projekteinsätzen

  • Selbstständige, die Dienstleistungen im Ausland erbringen

  • Beamt:innen und Beschäftigte im öffentlichen Dienst

  • Grenzgänger:innen, die regelmäßig im Ausland arbeiten

Dabei spielt es keine Rolle, wie kurz die Reise ist. Ob eintägiger Workshop in Brüssel oder vierwöchiger Projekteinsatz in Madrid – die A1-Bescheinigung ist in jedem Fall Pflicht.

 

Wie funktioniert die Beantragung?

Seit dem 1. Januar 2025 ist die Beantragung ausschließlich digital möglich – Papieranträge werden nicht mehr akzeptiert. Das elektronische Verfahren läuft über das SV-Meldeportal oder direkt über deine Lohnabrechnungssoftware.

Je nach Versicherungsstatus ist eine andere Stelle zuständig:

  • Gesetzlich Versicherte: Beantragung über die Krankenkasse

  • Privat Versicherte: Beantragung über die Deutsche Rentenversicherung

  • Berufsständisch Versicherte (z. B. Ärzt:innen, Anwält:innen): Beantragung über die Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV)

  • Multi-State-Worker (regelmäßige Tätigkeit in mehreren Ländern): Beantragung über die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA)

Bearbeitungszeit: Regulär dauert die Ausstellung zwei bis drei Tage. Bei kurzfristigen Reisen wird's also eng – gerade wenn niemand im Unternehmen die Verantwortung klar übernommen hat.

 

Warum die A1-Bescheinigung so nervig ist

Auf dem Papier klingt die A1-Bescheinigung nach einer sinnvollen Schutzmaßnahme gegen Sozialdumping und Doppelversicherungen. In der Praxis sieht es anders aus.

Problem 1: Bürokratie-Marathon für jeden einzelnen Trip

Für jede Geschäftsreise muss ein separater Antrag gestellt werden – außer du hast eine Dauerbescheinigung beantragt (dazu gleich mehr). Das bedeutet in vielen Unternehmen:

  • HR muss informiert werden

  • Reisedaten müssen digital erfasst werden

  • Der Antrag muss rechtzeitig gestellt werden (am besten 5-7 Tage vor Reiseantritt)

  • Die Bescheinigung muss in Farbe ausgedruckt und mitgegeben werden

Gerade in kleineren und mittleren Unternehmen fehlt oft ein klarer Prozess für diese Schritte. Resultat: Last-Minute-Panik, gestresste Personalabteilungen und verärgerte Reisende.

Problem 2: Kurzfristige Reisen sind kaum abbildbar

„Morgen nach Paris zum Kunden?" – Im modernen Geschäftsalltag sind spontane Termine normal. Die A1-Pflicht kollidiert frontal mit dieser Flexibilität. Zwar wird die Bescheinigung meist innerhalb von drei Tagen ausgestellt, aber bei wirklich kurzfristigen Trips bleibt schlicht keine Zeit.

Problem 3: Hohe Strafen bei Nichtvorlage

Kontrolle von Arbeitspapieren auf einer Baustelle in der EU

Die Kontrolle von Arbeitspapieren ist auf Baustellen nötig und üblich. Dass aber potenziell jeder Kunden- oder Messebesuch im EU-Ausland unter dem Verdacht des Sozialbetrugs steht, dürfte nicht die Absicht der EU gewesen sein.

Was vielen nicht bewusst ist: Die Konsequenzen bei fehlender A1-Bescheinigung sind drastisch. Kontrollen finden vor allem in Österreich, Frankreich, der Schweiz und Rumänien statt – typischerweise auf Messegeländen, bei Baustellen oder bei LKW-Fahrer:innen.

Die Strafen im Überblick:

  • Österreich: 1.000 bis 10.000 Euro – sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer:innen

  • Frankreich: Pauschalbetrag von 3.269 Euro für die reisende Person

  • Weitere Länder: Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für jeden Arbeitstag im Ausland

Dazu kommt: In einigen Ländern kann die Arbeit sofort untersagt werden, wenn die Bescheinigung fehlt.

 

Gibt es Alternativen zur einzelnen Beantragung?

Ja – für Personen, die regelmäßig in mehreren EU-Staaten tätig sind, gibt es die sogenannte Dauerbescheinigung (auch Multi-State-Worker-Bescheinigung genannt). Sie gilt für bis zu fünf Jahre und deckt alle Länder ab, in denen regelmäßig gearbeitet wird.

Voraussetzung: Du bist mindestens an einem Tag im Monat oder fünf Tagen im Quartal in einem anderen Mitgliedstaat tätig. Die Beantragung erfolgt über die DVKA.

Diese Option entlastet enorm – aber sie gilt nur für wiederkehrende, planbare Einsätze. Spontane Geschäftsreisen in andere Länder erfordern weiterhin eine separate A1-Bescheinigung.

 

Echte Business-Cases: Wenn die A1 zur Kostenfalle wird

Fall 1: Messebesuch in Österreich

Ein mittelständisches IT-Unternehmen aus München schickt vier Mitarbeitende zur IT-Expo nach Wien. Die A1-Bescheinigungen wurden nicht beantragt. Resultat: Kontrolle am Messestand, Bußgelder in Höhe von 8.000 Euro – jeweils zur Hälfte vom Arbeitgeber und den Mitarbeitenden zu tragen.

Fall 2: LKW-Fahrer ohne A1-Papiere

Ein Logistikunternehmen aus dem Ruhrgebiet wird bei einer Routinekontrolle in Frankreich gestoppt. Der Fahrer hat zwar alle anderen Dokumente dabei, aber keine A1-Bescheinigung. Strafe: 3.269 Euro, die der Fahrer zunächst vorstrecken muss.

Fall 3: Projektmanagerin in der Schweiz

Eine Projektmanagerin aus Stuttgart arbeitet drei Wochen bei einem Kunden in Zürich. Die Personalabteilung wusste nichts vom Projekt. Bei einer Kontrolle am Kundenstandort wird festgestellt: keine A1-Bescheinigung. Die Arbeit muss sofort eingestellt werden, der Kunde ist verärgert, das Projekt verzögert sich.

Diese Fälle zeigen: Die A1-Bescheinigung ist kein bürokratisches Randthema, sondern ein echtes Compliance-Risiko.

 

Wie trabiz dich bei der A1-Verwaltung unterstützt

Klar, die A1-Pflicht bleibt erstmal bestehen. Aber das heißt nicht, dass du sie händisch und mit Excel-Listen verwalten musst. Moderne Travel-Management-Lösungen wie trabiz helfen dir, den Prozess zu automatisieren und rechtssicher zu gestalten:

Automatische Reisemeldungen: Sobald eine Auslandsreise im System gebucht wird, erhält die zuständige Stelle eine Info – so geht keine Reise mehr unter.

Integrierte Checklisten: trabiz erinnert dich daran, welche Dokumente für welches Land nötig sind.

Digitale Archivierung: A1-Bescheinigungen werden direkt im Reiseprofil hinterlegt – kein Papierchaos mehr.

Schulungen und Support: Wir zeigen deinem Team, wie ihr die A1-Prozesse effizient aufbaut und im Alltag umsetzt.

So bleibt mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge – und das Risiko von Bußgeldern sinkt deutlich.

 

Steht die A1-Bescheinigung vor dem Aus?

Jetzt wird's spannend: Wird die A1-Bescheinigung tatsächlich abgeschafft?

Die kurze Antwort: Vielleicht – aber nicht sofort.

Was ist passiert?

Im März 2019 verkündete die EU-Kommission eine vorläufige Einigung mit Parlament und Rat, die A1-Bescheinigung für kurze Dienstreisen abzuschaffen. Ziel war es, bürokratische Hürden abzubauen und die Mobilität innerhalb der EU zu fördern.

Aber: Diese Einigung wurde vom Europäischen Rat abgelehnt. Das Verfahren wurde auf die nächste Legislaturperiode verschoben – und seither liegt das Thema weitgehend auf Eis.

Aktueller Stand: Polen bringt neue Dynamik

Im Oktober 2024 hat Polen einen erneuten Vorstoß unternommen, die A1-Pflicht zu lockern oder abzuschaffen. Hintergrund ist der massive Verwaltungsaufwand, der die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen bremst.

Die EU-Kommission prüft derzeit verschiedene Optionen:

  • Komplette Abschaffung der A1-Pflicht für Dienstreisen

  • Einführung einer Bagatellgrenze (z. B. keine A1-Pflicht bei Reisen unter 3 Tagen)

  • Vereinfachte Dauerbescheinigungen für häufig reisende Mitarbeitende

Realistischer Zeitplan: Sollte eine Reform kommen, wird sie frühestens 2026 in Kraft treten. Bis dahin gilt: Die A1-Pflicht bleibt voll bestehen.

 

Was du jetzt tun solltest

Auch wenn die A1-Bescheinigung vielleicht in absehbarer Zeit vereinfacht oder abgeschafft wird – aktuell ist sie Pflicht. Und Nicht-Wissen schützt vor Strafe nicht.

Unsere Empfehlungen:

  1. Prozesse aufsetzen: Definiere klar, wer im Unternehmen für die A1-Beantragung verantwortlich ist (meist HR oder Travel Management).

  2. Digitalisierung nutzen: Integriere die A1-Bescheinigung in dein digitales Reisemanagement – so stellst du sicher, dass keine Reise durchs Raster fällt.

  3. Dauerbescheinigungen prüfen: Wenn Mitarbeitende regelmäßig in denselben Ländern unterwegs sind, spart eine Dauerbescheinigung Zeit und Nerven.

  4. Team sensibilisieren: Viele Reisende wissen gar nicht, dass sie die A1-Bescheinigung benötigen. Schulungen und klare Kommunikation sind Gold wert.

  5. Am Ball bleiben: Verfolge die Entwicklungen in Brüssel. Sobald es Neuerungen gibt, solltest du schnell reagieren können.

 

Fazit: Ärgerlich, aber beherrschbar

Die A1-Bescheinigung ist aktuell noch ein notwendiges Übel – keine Frage. Sie kostet Zeit, Nerven und im Zweifelsfall richtig Geld. Aber mit den richtigen Prozessen und digitalen Tools lässt sich das Thema in den Griff bekommen.

Die gute Nachricht: Die EU hat das Problem erkannt. Ob und wann eine Reform kommt, ist noch offen. Aber die Chancen stehen nicht schlecht, dass die A1-Pflicht zumindest für kurze Geschäftsreisen gelockert wird.

Bis dahin gilt: Augen auf, Prozesse aufsetzen und am besten auf smarte Lösungen setzen, die dir die Arbeit abnehmen. Denn eines ist sicher – Geschäftsreisen ins EU-Ausland werden nicht weniger. Und jede Reise ohne A1-Bescheinigung ist ein vermeidbares Risiko.

 

Du willst wissen, wie trabiz dich beim A1-Management unterstützt? Sprich uns an – wir zeigen dir, wie du rechtssicher, stressfrei und effizient reist!

René

René leitet trabiz und bringt seine Expertise rund um digitale Geschäfts­reise­lösungen direkt in den Blog ein. Mit viel Erfahrung im Travel Management und großem Interesse an praxisnahen Trends teilt er sein Wissen, damit Geschäftsreisen für Unternehmen reibungslos, effizient und smart laufen. Wer nach cleveren Tipps aus der täglichen Praxis sucht, ist bei René genau richtig – sympathisch, engagiert und immer offen für den direkten Austausch.

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